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Es gibt Kunstepochen oder -richtungen,
die durch den Kontrast geprägt sind.
So zum Beispiel der Barock.
Grundsätzlich sind es keine neuen Formen,
kein neues Architektursystem, das der Barock
hervorbringt.
Er übernimmt zunächst die starke Kontrastierung
zwischen Vertikale und Horizontale, die so stark die
Renaissance charakterisierten.
Barock ist die Epoche der Gegenreformation.
Die Epoche der Bewegung, der Spannung.
Und so ist es ganz natürlich, dass im Barock die
Elemente der Renaissance umgearbeitet werden:
Man baut Spannungen formal auf.
Das Oval – gebildet aus zwei sich überlappenden
Kreisen – wird entwickelt.
Rembrandt malt Bilder voller Kontraste.
Er spielt mit Licht:
mit hell und dunkel.
Er komponiert mit der Perspektive:
Vordergrund und Hintergrund.
Er dynamisiert durch die Diagonale:
von links unten nach rechts oben.
Aber auch und gerade die Klassik jeder Kunstrichtung
zeigt sich durch den geordneten Ausgleich der
Kontraste.
Nehmen wir zum Beispiel die griechische Klassik.
Die menschlichen Statuen dieser Kunstepoche
zeichnen sich durch den Gegensatz von tragendem
Stand- und entlastetem Spielbein aus, einer
Asymmetrie, die der Körper visuell durch eine
entsprechende Gegenbewegung zur Standseite hin
ausgleicht.
Wir sprechen hier vom „klassischen Kontrapost“.
Solche Beispiele für gelungene, ausgeglichene
Kontraste finden wir in allen „klassischen“ Epochen –
als Zeichen der Harmonie.
Der Kontrast in der Kunstgeschichte.
Das Prinzip des Barock: Dipolarität
Senkrechte und Waagerechte im Einklang: zum Beispiel bei der
Akropolis in Athen
Der „klassische Kontrapost“ in der griechischen Kunst am Beispiel
des Speerträgers „Doryphoros“, ein Werk von Polyklet:
das Spiel mit dem Spiel- und Standbein